Reihe Neue Lyrik
Die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen beteiligt sich in regelmäßigen Abständen an ausgewählten Publikationsprojekten. Zusammen mit dem poetenladen Verlag veröffentlicht sie zweimal jährlich die deutschlandweit renommierte "Reihe Neue Lyrik".
Die Reihe Neue Lyrik
Die Reihe Neue Lyrik wurde 2011 ins Leben gerufen und präsentiert zweimal jährlich die Werke zeitgenössischer sächsischer Lyrikerinnen und Lyriker in einer hochwertigen und deutschlandweit viel beachteten Buchpublikation. Die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen gibt die Edition zusammen mit der Autorin Jayne-Ann Igel, dem Autor Jan Kuhlbrodt und dem Verleger Andreas Heidtmann im poetenladen Verlag Leipzig heraus. Die Sächsische Akademie der Künste begleitet die Reihe mit Lesungen und Gesprächen.
Bisher in der Reihe Neue Lyrik erschienen sind:
Anna Zepnick: rabensingen
Reihe Neue Lyrik – Band 28
Herausgegeben von Jayne-Ann Igel, Jan Kuhlbrodt, Kulturstiftung des Freistaates Sachsen
und dann erhebt sich
ein rabensopran
und ich finde die nuss
und darin ist mein kleid
aus reichbleichem gold
kein blut ist im schuh
kein blut auf dem schnee
Bertram Reinecke: Daphne, ich bin wütend
Reihe Neue Lyrik – Band 27
Herausgegeben von Jayne-Ann Igel, Jan Kuhlbrodt, Kulturstiftung des Freistaates Sachsen
Mit "Daphne, ich bin wütend" legt Bertram Reinecke einen Gedichtband vor, der vieles bündelt, was Literatur oder Kunst überhaupt ausmacht. Er betrachtet die Erfahrungen der literarischen Tradition als ein Gemeingut, das Ressourcen bereitstellt und, sei es im Privaten oder sei es in der gesellschaftlichen Wirklichkeit, einen utopischen Horizont öffnen kann.
Měrana Cušcyna: innen bröckelt die unerhörte schicht
Reihe Neue Lyrik – Band 26
Herausgegeben von Jayne-Ann Igel, Jan Kuhlbrodt, Kulturstiftung des Freistaates Sachsen
Ein stück theater
ich sitze im zuschauerraum
schauspieler tragen uniform
aus tot geglaubter zeit
damals war krieg
auf der bühne die sprache
ist heutig
sie brennt auf den lippen
Laura Friedrich: Kleine schwarze Handschuhe die meine Organe wenden
Reihe Neue Lyrik – Band 25
Herausgegeben von Jayne-Ann Igel, Jan Kuhlbrodt, Kulturstiftung des Freistaates Sachsen
ich wollte etwas Großartiges schreiben
einen Trost
aber ich habe nur eine Elchkuh
im Dickicht
ihr tiefblaues Wanken
ein sich beugendes wiegendes gewächs
einen Blick
beladen
wie von tausend Seelen
Volker Sielaff: Ovids Würfelspiel
Reihe Neue Lyrik – Band 24
Herausgegeben von Jayne-Ann Igel, Jan Kuhlbrodt, Kulturstiftung des Freistaates Sachsen
Ich möchte gern ein Gedicht schreiben,
das den Titel »Ovids Würfelspiel« trägt.
Es soll im Hafen von Constanta spielen.
Vielleicht schreibe ich das Gedicht.
Sein Titel ist so schön.
Pia Birkel: schmelzwert
Reihe Neue Lyrik – Band 23
Herausgegeben von Jayne-Ann Igel, Jan Kuhlbrodt, Kulturstiftung des Freistaates Sachsen
Pia Birkel legt mit ihrem Debüt schmelzwert einen Lyrikband vor, der von einer lektüregesättigten Reife zeugt und einen dichterischen Bogen von der Antike bis in die Gegenwart schlägt. Dabei werden verschiedenste Sprachfelder einbezogen: von der Mythologie zur archäologischen Ausgrabung, von Texten Rimbauds bis zum Berlin des 21. Jahrhunderts. In einem Prozess des sich nach Vorn-Schreibens werden Protagonisten und Szenen ins Jetzt geholt. Der Schild des Achill ist so gegenwärtig wie der zerbrochene Bildschirm, in dem das lyrische Ich sich als Mosaik erkennt. Der Heros Herakles steht neben einer »Frau um die Dreißig«, die Tabletten aus Blistern bricht, während der Himmel die Farbe »aus der Werbung« annimmt. Pia Birkels Gedichte leben von der Bewegung und von der Spannung, die ihr vorausgeht. Sie schaffen aus dem kunstvollen Mit- und Ineinander der Zeiten und Räume ein poetisches Panorama, das so schön wie verstörend ist.
Utz Rachowski: Es fielen die schönen Bilder
Reihe Neue Lyrik – Band 22
Herausgegeben von Jayne-Ann Igel, Jan Kuhlbrodt, Kulturstiftung des Freistaates Sachsen
Utz Rachowskis Dichtung führt durch Landschaften in Ost und West, auf Marktplätze und Kriegsschauplätze, wo Gegenwart und Geschichte, Alltag und Weltpolitik, ineinander gehen, wo der Weg zum Frisör – am Beispiel des polnischen Dichters Józef Czechowicz in Lublin 1939 – tödlich enden kann. Utz Rachowski fängt Schicksale und Szenen ein und schreibt in genauen, lakonischen Versen gegen das Vergessen an. Sein Schreiben mag durch die Opposition zum DDR-Regime geweckt worden sein, wie Hans Joachim Schädlich anmerkt, aber Utz Rachowski bedarf keines Gegners, um zu schreiben. Rachowski ist ein Schriftsteller sui generis. Und es scheint ein kleines Wunder, dass seine Literatur, trotz aller düsterer Erfahrungen, so etwas wie Optimismus austrahlt.
Thomas Böhme: Strandpatenschaft
Reihe Neue Lyrik – Band 21
Herausgegeben von Jayne-Ann Igel, Jan Kuhlbrodt, Kulturstiftung des Freistaates Sachsen
Der Junge mit dem Papierhut läuft wieder den Strand ab.
Sammelt ein, was er findet
stopft es in seinen Schnappsack.
Der Mann mit dem Strohhut wankt ihm entgegen.
Er führt einen Esel am Zaum.
Mit Strandpatenschaft legt Thomas Böhme einen Gedichtband vor, der alle Tonarten seines dichterischen Sprechens anklingen lässt und zugleich neue Themen erschließt. Das drohende Vergehen dessen, was wir gemeinhin als Natur bezeichnen, scheint in vielen seiner Texte auf. Dabei gehen die Gedichte über das Hinfällige und Jahreszeittypisches hinaus und lenken den Blick auf den Zustand unserer Mitwelt im Allgemeinen. Manche Texte wirken wie Abgesänge und eröffnen apokalyptische Szenarien. Auch das Mythische tritt in Erscheinung. Das Einbeziehen von Gestalten und Geschichten aus verschiedenen überlieferten Mythen hat bei Thomas Böhme Tradition. Immer wieder lassen sich narrative Elemente finden, wobei die Grenzen zwischen Lyrik und prosanaher Miniatur schwinden.
Hannes Fuhrmann: Wunderschöner Berg
Reihe Neue Lyrik - Band 20
Herausgegeben von Jayne-Ann Igel, Jan Kuhlbrodt, Kulturstiftung des Freistaates Sachsen
Die Gedichte von Hannes Fuhrmann sind höchst eigenwillige Gebilde. Ein gewisser Zug zur Romantik erscheint ihnen auf den ersten Blick hin innezuwohnen, er changiert aber bei genauerem Hinsehen zwischen Anklang und Zitat. Auch bedienen sich die Gedichte eines breit aufgefächerten Reichtums der Form. Überlieferung ist ihnen also eingeschrieben, und dennoch evozieren sie unterschwellig, aber durchgängig einen Eindruck von Fremdheit.
Im Wort »fremd« aber liegt ein Schlüssel, der den Zugang zu ihnen eröffnet, der die Texte im Wortsinn erschließt, denn sie finden ihren ersten Anlass im vorgefundenen also fremden Material. Im Material finden sie zu sich, zu ihrer eigenen Originalität.
Dieter Krause: Geregelter Schwelbrand
Reihe Neue Lyrik - Band 19
Herausgegeben von Jayne-Ann Igel, Jan Kuhlbrodt, Kulturstiftung des Freistaates Sachsen
Dieter Krause wurde 1961 in Dresden geboren, studierte Fernmeldetechnik in Leipzig und lebt heute in Moritzburg. Er war noch zu DDR-Zeiten Teilnehmer am Zentralen Poetenseminars in Schwerin. 1993 folgte im Hellerau Verlag mit „Landschaft träge und flink“ sein Lyrikdebüt. Neben drei Gedichtbände veröffentlichte er die Novelle „Desertieren oder der dreißigste Sinn“. Einflussreich für seine Arbeit sind nicht zuletzt die Entwicklungen in der polnischen Lyrik.
„Dieter Krauses Lyrik ist eigen, niemals weltentrückt und selbstvergessen. Dieser Poet lässt manchmal Fragen offen, ein anderes Mal antwortet er eindeutig und eindeutig rätselhaft. Niemandem wird er beweisen müssen, dass er zu dichten weiß." literaturkritik.de
Sebastian Weirauch: Von den Elementen
Reihe Neue Lyrik - Band 18
Herausgegeben von Jayne-Ann Igel, Jan Kuhlbrodt, Kulturstiftung des Freistaates Sachsen
Sebastian Weirauch konfrontiert uns in seinem Debütband mit den klassischen vier Elementen (Luft, Wasser, Erde, Feuer), wie wir sie von der Antike her kennen, ohne die das Leben auf dem Planeten unvorstellbar ist. Doch es sind nicht die Elemente in ihrer puren Gestalt, sondern in ihren durch die menschliche Existenz beeinflussten Erscheinungsformen. Dies wird an jeder Stelle spürbar, und es teilen sich in den Versen auch die Verletzungen mit, die unsere Eingriffe in die Natur zeitigen, wenn es beispielsweise heißt: »Hier roch es nach Petroleum/ Aufgeblähte Robbenkörper/ trieben farblos im Wasser.«
Uwe Kolbe: Die sichtbaren Dinge
Reihe Neue Lyrik - Band 17
Herausgegeben von Jayne-Ann Igel, Jan Kuhlbrodt und der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen
»Aber was bleibt jemandem, der wie Uwe [Kolbe] vom Himmel zumindest etwas ahnt, anderes übrig, als uns klar zu machen, wie es auf Erden nun wirklich zugeht.« Lothar Trolle
»Mir will partout kein Vorgänger für Uwe Kolbe einfallen ...« Ernest Wichner
»Weil aber Uwe Kolbe nicht nur staunen kann, sich nicht nur begeistern lässt, sondern auch in seinen Lesern und Zuhörern Staunen und Begeisterung erregt, ist seine Lyrik der beste Beweis dafür, dass eine Daseinslust mit allen Sinnen ..., ganz genauso aber Wut und Erregung, die Kunstfertigkeit eines Textes keineswegs ausschließen.« Jan Wagner
Uta Ackermann: Neunundneunzig Sätze über Engel
Reihe Neue Lyrik - Band 16
Herausgegeben von Jayne-Ann Igel, Jan Kuhlbrodt und der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen
»Komm, tritt ein und als eine Andere heraus«
Klang spielt für die Autorin, die bis in die jüngste Vergangenheit vor allem mit Hörspielen und Features an die Öffentlichkeit getreten ist, im Schreibprozess eine wichtige Rolle, gesprochene Sprache begreift sie hierbei als Medium. Darüber hinaus lässt sie sich von musikalischen Einflüssen inspirieren. Literarische Einfälle kommen ihr im Gehen, Unterwegs sein, in der Bewegung. Jayne-Ann Igel
Jörg Schieke: Antiphonia
Reihe Neue Lyrik - Band 15
Herausgegeben von Jayne-Ann Igel, Jan Kuhlbrodt und Ralph Lindner, Kulturstiftung des Freistaates Sachsen
Mit Antiphonia legt Jörg Schieke ein langes Gedicht vor, das lust- und kunstvoll einen Parforceritt durch die Gegenwart und unmittelbare Vergangenheit zelebriert. Rein inhaltlich, wie man so sagt. Formal aber lässt es Formen auferstehen, die vergangen scheinen, aber zyklisch ihren Anspruch auf Gegenwärtigkeit geltend machen. Immer wieder findet das Epos seinen Weg zurück in den Vers, dem es letztlich entstammt und aus dem es erst in der bürgerlichen Epoche in den Roman floh.
Dieses Gedicht handelt vom Niedergang einer Familie. Jede Sekunde
in diesem Gedicht beruht auf einer wahren Begebenheit. Manchmal
hörte die Mom, wie Dads Schlüsselbund im Innern
der Waschmaschine gegen das Bullauge schlug. Peng –
hatte ers mal wieder vergessen.
Sibylla Vričić Hausmann: 3 FALTER
Reihe Neue Lyrik - Band 14
Herausgegeben von Jayne-Ann Igel, Jan Kuhlbrodt und Ralph Lindner, Kulturstiftung des Freistaates Sachsen
Sibylla Vričić Hausmann legt mit 3 FALTER ein kompositorisch ausgefeiltes Debüt vor, das sich souverän wechselnder Darstellungsformen bedient und dabei selbst den Weg der Metamorphose geht – gleichsam wie jene von Maria Sibylla Merian erforschte Raupe, die, ehe sie Falter wird, Puppe war. Dabei ist der Name Merian kein Zufall, denn der Band stellt bis in seine innere Sprachstruktur Bezüge zu Werken bedeutender Frauengestalten her. Neben der Naturforscherin Merian sind dies die mittelalterliche Schriftstellerin und frühe Frauenrechtlerin Christine de Pizan und Unica Zürn, die genialische Schöpferin von Anagrammen.
Andra Schwarz: Am morgen sind wir aus glas
Reihe Neue Lyrik – Band 13
Herausgegeben von Jayne-Ann Igel, Jan Kuhlbrodt und Ralph Lindner, Kulturstiftung des Freistaates Sachsen
Andra Schwarz legt mit dem Band Am morgen sind wir aus Glas ihr lyrisches Debüt vor. Für den darin enthaltenen Zyklus Gespinste aus Luft wurde sie mit dem Leonce-und-Lena-Preis ausgezeichnet. In den Gedichten gelingt es der Autorin von einem zentralen menschlichen und alten poetischen Thema mit großer Eindringlichkeit und Dynamik zu sprechen, urteilte die Jury. Der Zyklus rührt an, indem er das Subjekt als ich, du und Kind, als undurchschaubare Energie, aggressiv und verletzlich, als Atem, verflüchtigt und doch gefunden, als Sprung, Soldaten, Chimäre und suchende Figur in den Schlingen von Zeit und Sprache zeigt, oszillierend zwischen Schlaf und Gewehr, Gehirn und Spatz.
Ihre Gedichte öffnen in weiteren Kapiteln landschaftliche Räume: von Dörfern, Flussläufen und stehenden Gewissen ist die Rede, von einer zivilisatorisch zugerichteten Natur, wie man sie nicht zuletzt aus der Oberlausitz kennt, der Heimat der Autorin.
Róža Domašcyna: Die dörfer unter wasser sind in deinem kopf beredt. Gedichte
Reihe Neue Lyrik – Band 12
Herausgegeben von Jayne-Ann Igel, Jan Kuhlbrodt und Ralph Lindner, Kulturstiftung des Freistaates Sachsen
Róža Domašcyna ist eine Bewohnerin des poetischen Zwischenraums der Zweisprachigkeit und gehört zu den wichtigsten Stimmen der deutsch-sorbischen Dichtung. In ihrer Lyrik erweist sie sich als Wortschöpferin und Sprachspielerin, die uns in assoziative Wortwelten führt. Aber vor allem ist sie eine radikale poetische Mahnerin. Das Thema der Natur- und Kulturzerstörung, nicht zuletzt durch das großflächige Abräumen von Braunkohle in ihrer Heimat, der Oberlausitz, ist in ihren Texten gegenwärtig. Die untergegangenen Dörfer kehren in ihre Dichtung zurück:
das land das vater und mutter trug
umgegraben gänzlich der begriff
zuhause zur floskel geworden
Ulrike Feibig: perlicke perlacke, mein Herz schlägt
Reihe Neue Lyrik – Band 11
Herausgegeben von Jayne-Ann Igel, Jan Kuhlbrodt und Ralph Lindner, Kulturstiftung des Freistaates Sachsen
Gedichte, Collagen, Wortzaubereien – all das trifft auf die Texte Ulrike Feibigs zu. Neben der Collagen erweist sich das Spiel mit Lauten und Metren, mit Reimen und Refrainhaftem als substantiell für ihre Arbeiten. Schon der Titel beschwört – im zauberwörtlichen Sinne – jenen Bereich herauf, in dem Worte nicht nur Bilder evozieren, sondern ganze Welten real werden lassen.
»Wir collagieren, und mit Wir seien hier alle gemeint, jeder Mensch und wahrscheinlich auch jedes zumindest höhere Tier. Aus unseren Eindrücken bauen wir etwas zusammen, das wir die Welt nennen, und das wir dann wieder zerlegen, analysieren können.« Aus dem Nachwort zu Ulrike Feibigs Band.«
Elke Erb: Gedichte und Kommentare
Reihe Neue Lyrik – Band 10
Herausgegeben von Jayne-Ann Igel, Jan Kuhlbrodt und Ralph Lindner, Kulturstiftung des Freistaates Sachsen
Mit dem vorliegenden Buch liegt uns eine außergewöhnliche Arbeit der 1938 in der Eifel geborenen und heute in Wuischke und Berlin lebenden außergewöhnlichen Dichterin Elke Erb vor. Sie öffnet sozusagen den Dichtraum unter und neben ihren Texten und legt ihn in Kommentaren frei.
Um eines vorauszuschicken: Es fällt schwer, den künstlerischen Kommentar von der Kunst selbst zu unterscheiden, denn wenn er gelingt, speist er sich aus der Form und wird selbst Form. Insofern könnte man vielleicht den Gedichtkommentar als jene eigene Kunstform begreifen, die diskursive mit ästhetischen Ansprüchen verbindet und der Hybridtext schlechthin ist.
Wenn in vormodernen Ästhetiken davon ausgegangen wurde, dass Kunst sich mimetisch (nachahmend) zur Natur verhalte, ist es nun der Leser, der sich auf diese Weise der Kunst, dem Gedicht widmet. Verstehen hieße also, den Bewegungen der Gedichte zu folgen, und die Kommentare sind, wenn man so will, choreografische Anweisungen. Darüber hinaus aber entfalten sie eine eigene sprachliche Schönheit.
Anne Seidel: Chlebnikov weint. Gedichte
Reihe Neue Lyrik – Band 9
Herausgegeben von Jayne-Ann Igel, Jan Kuhlbrodt und Ralph Lindner, Kulturstiftung des Freistaates Sachsen
Mit dem Titel bereits signalisiert Anne Seidels Debütband Nähe zu einem der wirkungsmächtigsten russischen Dichter und zum russischen Futurismus. Die Deterritorialisierung der Worte, eine Art Aneignung des Futurismus, führt nicht nur zu einer neuen klanglichen zarten Klarheit und einem rätselhaften Sinn, sondern verlangt auch danach, dass in diesen Texten immer mit äußerster Genauigkeit gedacht wird. Die Sichtbarkeit dieses Denkens durchzieht diese Gedichte und macht ihre Untrennbarkeit genauso aus wie das Russische, auf das immer wieder Bezug genommen wird.
»In einem gewissen Sinne wirken Anne Seidels Gedichte kryptisch. In ihrem assoziativen Verfahren gleichen Worte Schlaglichtern, die punktuell eine Szenerie erhellen oder aufscheinen lassen, osteuropäisch anmutende Kultur- und Stadtlandschaften etwa, wie es z.B. in dem bei aller Reduktion wunderbar atmosphärischen Gedicht Sankt Petersburg zu beobachten ist.« Jayne-Ann Igel
Kito Lorenc: Windei in der Wasserhose des Eisheiligen. Gedichte und Schmungks
Reihe Neue Lyrik – Band 8
Herausgegeben von Jayne-Ann Igel, Jan Kuhlbrodt und Ralph Lindner, Kulturstiftung des Freistaates Sachsen
Vor uns liegt ein Band mit neuen Gedichten des sorbisch-deutschen Dichters Kito Lorenc. Texte, die hin und wieder auf den Reim zurückgreifen, die das Liedhafte nicht verbergen und an den Sprachgrenzen arbeiten, nicht nur denen zwischen Sorbisch und Deutsch, sondern auch da, wo der Sinn ins Absurde kippt. Durchsetzt ist der Band mit Schmungks, aphoristischen Gebilden aus teils vorgefundenem Wortmaterial, widerborstigen Sentenzen.
»Kito Lorenc erzählt die sorbische Geschichte in seinen Gedichten, wo das spezielle Geschichtswissen übergegangen ist in etwas Universelles, die Ahnung. Und diese Ahnung geht, gedichtweise, das heißt: Weise des Gedichts, wiederum über ins Bild, in die Bilder, in den Klang, in die Klänge, und wird so Gegenwart, anders als die Vergegenwärtigungen selbst der lebendigsten Geschichtsschreiber.« Peter Handke
Roland Erb: Trotz aller feindlichen Nachricht
Reihe Neue Lyrik – Band 7
Herausgegeben von Jayne-Ann Igel, Jan Kuhlbrodt und Ralph Lindner, Kulturstiftung des Freistaates Sachsen
Vor Roland Erbs Gedichten spielt Geschichte, verfängt sich in den Texten, lagert sich ab. Und in den Ablagerungen erst wird sie sichtbar, verliert sie das Flüchtige und erhält erneut und verstärkt Gegenwart. Oft in alltäglichen Situationen. Dabei auch in Figurationen, die Komik nicht aussparen.
Uwe Hübner: Jäger Gejagte
Reihe Neue Lyrik – Band 6
Herausgegeben von Jayne-Ann Igel, Jan Kuhlbrodt und Ralph Lindner, Kulturstiftung des Freistaates Sachsen
Wir haben es hierbei mit einer nuancierten Großstadtpoesie zu tun, gewürzt mit Sarkasmus, galligem Humor – die Gedichte spiegeln den Alltag auf der Straße wider, reflektieren und kommentieren das Geschehen, das „lyrische Ich“ erscheint dabei als Zeitgenosse, der sich selbstironisch in diese Betrachtungen einbezieht.
Peggy Neidel: weiß
Reihe Neue Lyrik – Band 5
Herausgegeben von Jayne-Ann Igel, Jan Kuhlbrodt und Ralph Lindner, Kulturstiftung des Freistaates Sachsen
»Es herrscht eine merkwürdige Gereiztheit. Menschen bewegen sich durch postapokalyptische Landschaften, seltsam unsicher, stets auf der Suche. Vielleicht nach sich selbst und einer Idee, wie es sein könnte. Und offensichtlich mit einem Mangel, als fehlte ihnen die Rückbindung an etwas, „woran man sich halten kann“. Peggy Neidel interpretiert dieses Nichts, das auch Brecht vor circa neunzig Jahren in seinem Lesebuch für Städtebewohner prognostizierte, auf gegenwärtige Art. Das Nichts wird zu weiß. Die Farbe, die zugleich alle Farben in sich vereint.« Jan Kuhlbrodt
Kerstin Hensel: Das gefallene Fest
Reihe Neue Lyrik – Band 4
Herausgegeben von Jayne-Ann Igel, Jan Kuhlbrodt und Ralph Lindner, Kulturstiftung des Freistaates Sachsen
»In kunstvollen Tanzschritten und mit witzigem Temperament bewegt sich diese Lyrikerin durch die Gegenwart« Focus
Thilo Krause: Und das ist alles genug
Reihe Neue Lyrik – Band 3
Herausgegeben von Jayne-Ann Igel, Jan Kuhlbrodt und Ralph Lindner, Kulturstiftung des Freistaates Sachsen
»Still, unaufgeregt sind die Gedichte von Thilo Krause dem Alltag auf der Spur. Kindheitswildnis, Randgebiete, verkrautete Winkel. Texte, die sich ohne viel Gepäck auf den Weg machen, die ihre Protagonisten zugleich bewahren und aufs Neue erschaffen. Geschichten in Verlangsamung, genauso schnörkellos wie überraschend. Thilo Krause genügt es, sich an die alltäglichen Dinge zu halten, sie heraufzuholen und leuchten zu lassen.« Raoul Schrott
Michael Fiedler: Geometrie und Fertigteile
Reihe Neue Lyrik – Band 2
Herausgegeben von Jayne-Ann Igel, Jan Kuhlbrodt und Ralph Lindner, Kulturstiftung des Freistaates Sachsen
»Michael Fiedlers Methode ist der Cut. Das heißt, er arbeitet mit vorgefundenem Wortmaterial. Das macht jeder Dichter, könnte man sagen, und keiner von ihnen hat die Sprache selbst erfunden. Was Michael Fiedler aber formt, ist eben nicht Rohstoff im herkömmlichen Sinne, sondern es ist Sprache in schon geformter Gestalt. Jedes Wort ist einer Wortgruppe entnommen. Fiedler recycelt. Es entstehen aber keine recycelten Formen. Das Entstehende dabei ist originär.« Aus dem Nachwort – Jan Kuhlbrodt
Anne Dorn: Wetterleuchten
Reihe Neue Lyrik – Band 1
Herausgegeben von Jayne-Ann Igel, Jan Kuhlbrodt und Ralph Lindner, Kulturstiftung des Freistaates Sachsen
He, ihr alten und neuen Menschen,
entschuldigt, daß ich anklopfe und vorbeikomme
mit meinem Bauchladen –
Partitur des Erinnerns
In ihren dichterischen Texten spiegelt sich Anne Dorns Generalthema der Trennungen, Verluste und des Sich-Wiederfindens, Bewahrens, das ohne den zeitgeschichtlichen Hintergrund eigener Lebenserfahrungen kaum denkbar ist, in sublimerer Weise als in ihrer Prosa wider. Eine Thematik, die auch vom frühen Wechsel von Ost- nach Westdeutschland zu Kriegsende geprägt ist, von der wiederholten und regelmäßigen Rückkehr in eine vertraute Fremde, die die Kindheitsorte bei und in Dresden in ihren Augen später darstellen mochten, in der Zeit der Teilung. In den Gedichten schwingen die Erfahrungshintergründe, die den Stoff der Prosaarbeiten bilden, leise mit, teilen sich mit, vielfach gebrochen, als schaute man durch ein Prisma auf diese Landschaften, die Landschaften der Kindheit wie die ihrer Reisen und jener Orte, die sie sich neu ge- und erfunden hat.
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- Prof. Dr. Manuel Frey
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